Johann Georg Turmair

Das Leben Aventins

Geboren: Abensberg (Niederbayern) 04.07.1477
Gestorben: Regensburg 09.01.1534


(Aventinus Grabplatte, St. Emmeram, Regensburg. Foto: S. Kormann)

Nach Humanisten-Art latinisierte Turmair seinen Namen als “Aventinus” (der Abensberger). Er hatte sich in verschiedenen Hochschulen umfassende humanistische Kenntnisse angeeignet. Als Prinzenerzieher am wittelsbachischen Hofe verfasste er u.a. eine lateinische Grammatik und ein Lehrbuch der Musik. Er schuf die erste moderne Landkarte der Herzogtümer Ober- und Niederbayern. In seinen “Annales ducum Boiariae” (1517-21) hielt er zahlreiche, heute verlorene Quellen fest; deren volkstümlicher, deutschsprachiger Fassung “Bairische Chronik” (1526-1533) hat Goethe bleibendes Lob gezollt. Aventins Geschichtswerk begründete die neuzeitliche Landesgeschichtsschreibung unter einer europäischen Perspektive.

Die Stiftung Aventinum nimmt sich des geistigen Erbes Aventins an. Im Vorfeld der Stiftungsgründung sind über Aventinus erschienen:

Gerhard H. Sitzmann (Herausgeber): Aventinus und seine Zeit (1477-1534) (Abensberg 1977) Alois Schmid: Das historische Werk des Johannes Aventinus o Andreas Kraus: Die geistige Welt des Johannes Aventinus – Bayern und der europäische Humanismus o August Scharnagl: Die Musik der Aventinus-Zeit o Walter Ziegler: Bayern zur Zeit Aventins o Gerhard H. Sitzmann: Aventinus und seine Zeit (Nachwort)

Eberhard Dünninger und Erich Stahleder: Aventinus zum 450. Todesjahr 1984 (Abensberg 1986) Gerhard H. Sitzmann: Vorwort o Eberhard Dünninger: Johannes Aventinus – Leben und Werk in seiner Zeit o Erich Stahleder: Über das Fortleben des Johnannes Aventinus o Anhang: Aventins Fortleben im Spiegel einer chronologischen Bibliographie

Beide Hefte sind über den deutschen Fernleihverkehr der öffentlichen Bibliotheken erhältlich.

Zur Erinnerung an Aventinus

  • sammelt die Stiftung Aventinum Publikationen von und über Aventinus (sie werden nicht zum Lesen bereitgehalten, sondern für öffentliche Ausstellungen von Gemeinden und Landkreisen ausgeliehen)
  • ehrt die Stiftung Aventinum verdiente Persönlichkeiten der Altbayerischen Geschichte und Kultur
  • hält die Stiftung Aventinum die “Aventinus-Tagungen” zur Altbayerischen Geschichte und Kultur ab
  • arbeitet die Stiftung Aventinum – entlang seiner Lebensreise – eine “Aventinus-Strasse” aus, die von Wien über Altbayern bis nach Paris und Krakau führt.

Was ist von Aventinus geblieben?

Abensberg feiert ihn als seinen größten Sohn: Johann Georg Turmair, genannt Aventinus, wurde hier am 4. Juli 1477 geboren. Hier eröffneten ihm die Karmeliter den ersten Blick in die große Welt. Hier wurde seine Begabung von den Mönchen offenkundig erkannt und gefördert. Darum konnte er in Ingolstadt und Wien, in Krakau und Paris Vorlesungen auf Latein hören und später selbst in einem gewandten Latein schreiben. Von der Bewegung des Humanismus erfüllt, gab er sich den latinisierenden Übernamen “Aventinus” – der Abensberger.

Der Ruhm Aventins gründet in seinen vielseitigen Leistungen als Gelehrter. Die Musikgeschichte kennt ihn als Verfasser einer Abhandlung zur Musiktheorie. Für die Mathematik schrieb er eine Arbeit über das römische Rechenwesen. Den Volkskundlern gilt er, der scharf beobachtende Sohn einer Weinwirts, als einer der Väter ihrer Disziplin, dessen Materialsammlung immer noch nicht ausgeschöpft ist.

1508 trat er in den Dienst des Hauses Wittelsbach – sie wurden die Mäzene seines Lebens. Während der ersten Jahre Prinzenerzieher, übte er stilleren Einfluß aus: wenn man seinen Schüler Herzog Ludwig X. sieht, wie er um sich einen Kreis von Kennern der Antike versammelt und im Todesjahr Aventins, 1534, in Landshut den ersten Renaissancepalast auf deutschem Boden zu bauen beginnt, dann ahnt man, daß Aventinus keine geringe Nachwirkung in seinen Schülern und Freunden erzielt hat. Freilich blieben es seltene Glücksfälle, wenn er unter politisch Mächtigen mal einer kulturbewußten Persönlichkeit begegnete wie dem bairischen Kanzler Leonhard von Eck. Nur in der Fachwelt war er schon zu Lebzeiten eine anerkannte Autorität: so hat Tschudi, der Begründer der schweizerischen Geschichtsschreibung, von seiner historischen Methodik gelernt. Daß er sich in der Geschichtsforschung entfalten konnte, verdankte er den Herzögen von Baiern.

Die Wittelsbacher beriefen Aventinus 1517 zum ersten offiziellen Landeshistoriker Baierns. Dabei erhielt er einzigartigen Zugang in die reichen Archive der Städte und vor allem der Klöster. Hierin gründet eine seiner dauerhaften Leistungen: über manche urkundliche Quellen wissen wir nur durch Aventinus. Ebenso hat er viele Grabsteine als historische Informationsquelle festgehalten, die später den Wüstungen der Ideologien und Kriege und dem ätzenden Unverstand des Bauherren erlagen. Speziell seine Text-Sammlung römischer Inschriften und anderer archäologischer Fundstücke, seine Lateinische Grammatik (Lehrbuch an der Landesuniversität Ingolstadt), seine Entdeckung antiker Autoren in den Sammlungen der Benediktinerabtei St. Emmeram zu Regensburg machten ihn zu einem Wegbereiter der klassischen Philologie in Deutschland.

Im Zuge seiner Reisen durch Ober- und Niederbaiern (die Oberpfalz gehörte der pfälzischen Linie der Wittelsbacher) schuf Aventinus nebenher die erste brauchbare Landkarte seiner Heimat. Sie wurde der stets neu zu überbietende Ausgangspunkt der altbayerischen Kartographie. Mit der deutschen Fassung “Baierische Chronik” seiner lateinisch geschriebenen “Annales ducum Boiariae” (wörtlich: Jahrbücher der Herzöge Baierns) wurde er einer der prägenden Autoren der deutschen Sprache, als den ihn Goethe hoch gerühmt hat. Zugleich war er der erste, der eine Landesgeschichte unter europäischer Perspektive verfaßt hat: dieser von ihm demonstrierten Arbeitsweise sind bis heute alle neuzeitlichen Landeshistoriker verpflichtet geblieben.

Neben den wegweisenden Leistungen Aventins, die in den stillen Strom wissenschaftlicher Traditionen eingemündet sind, gibt es heute ausdrücklichere Bezüge zu ihm. Da ist zuerst die würdige Grabplatte zu nennen: in der ehemaligen Reichsstadt Regensburg, in der er am 9. Januar 1534 verstarb, steht sie aufrecht nahe dem Eingang zur St. Emmerams-Basilika. Andernorts nennen sich Schulen nach ihm, wie die Realschule Abensberg oder die Gymnasien in Straubing und Burghausen an der Salzach. Von Straßennamen bis zur Getränkebezeichnung wird sein Ruhm genutzt und ins Gedächtnis gerufen. Die Stadt Abensberg, der Heimatverein und rührige Bürger halten Aventinus im Bewußtsein der Öffentlichkeit wach. Davon zeugen das Aventinusdenkmal, das nach ihm benannte Museum, der Aventinus-Saal, Gedenkmedaillen und anderes mehr, nicht zu vergessen die Büste, die Baierns König Ludwig I. in der Walhalla 1841 aufstellen ließ.

Schließlich wurde die Stiftung für Altbayerische Geschichte und Kultur 1986 mit dem Namen “Aventinum” gegründet. Sie pflegt sein Andenken durch ihre Arbeit und bedient sich dabei modernster Formen: nicht in einer lokal begrenzten Lesestube, sondern weltweit über das Internet will die Stiftung im Laufe der Zeit Hilfen all jenen bieten, die sich ernsthaft mit dem großen Abensberger beschäftigen. Ebenso wird die Aventinus-Bibliographie der Weltenburger Akademie ins Internet gestellt. Daß deren Altbayerische Heimatkundetagungen alljährlich am zweiten Samstag im Oktober als “Aventinus-Tagungen” durchgeführt werden, sei nur am Rande erwähnt. Ihren eigenen kleinen Jahres-Empfang nennen Weltenburger Akademie und Stiftung Aventinum ebenfalls nach ihm.